Scaf, Anna Hubertine (Annie) - Niederlande

            Scaf, Anna Hubertine

Annie wurde am 15. Juni 1906 in Maastricht geboren und war von Beruf Krankenschwester. Am 25. Juli 1931 zog sie nach Amsterdam und arbeitete im Wilhelmina Gasthuis, später im Amsterdamer Binnengasthuis. Sie war am 3. September 1936 in Zaandam unter der Adresse des städtischen Krankenhauses registriert. Hier lebte auch ihre jüngere Schwester Maria Josephina mit ihrer Familie.
Im Juli 1937 ging Annie nach Spanien. Sie arbeitete als Krankenschwester im holländischen Krankenhaus Villaneuwa de la Jara. Im Mai 1938 kehrt Annie in die Niederlande zurück. Sie war insgesamt zehn Monate in Spanien.
Anna Scaf lebte bis zum 24. März 1939 in der Gemeinde Zaanse. Sie heiratete einen portugiesisch-indischen Arzt, mit dem sie zuerst nach Goa/Indien und später nach Portugal zog.

„Wenn Anny ins Zimmer kam, fühlten wir uns weniger krank“, sagte mir Otto Schling, ein tschechoslowakischer Freiwilliger, der von schwerem Typhus genesen ist. „Wir nannten sie unseren zweiten Doktor, unsere Mutter und Schwester. In unseren schlimmsten Stunden, wenn wir uns dem Tode nahe glaubten, half sie uns mit ihrem starken Glauben an das Leben. Unermüdlich war sie und immer geduldig.“ Viele von den Kranken sagen: „Dass wir noch leben, verdanken wir der Anny!“
Wer ist Anny Scaff? Eine Holländerin, jung, und von jener eigenartigen Schönheit, die wir auf Frauenbildern aus der Frührenaissance sehen. Aus den weit auseinander liegenden Augen unter glatter, gewölbter Stirne, strahlen Reinheit und Heiterkeit. Ihre Kraft geht auf den Kranken über. Diese Kraft, die sich in Tagen und Nächten der Arbeit, im zähen Kampf gegen den Tod nicht erschöpft, strömt aus einem Herzen, das instinktiv erkannt hat, auf welcher Seite das Recht ist. Denn Anny, wie so viele der ausgezeichneten Kameradinnen in Spanien, hat nie einer Partei angehört. Sie stammt aus einer bürgerlichen, katholischen Familie. Sie erzählte mir heute, dass sie in Maastricht eine gute Stellung als Krankenschwester in einem Infektionshospital aufgab. Der Direktor schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als sie ihm sagte, dass sie nach Spanien fahren werde. Die Sicherheit eines ruhigen Lebens mit Gefahr, Strapazen und den Schrecken eines Krieges vertauschen? Warum? Weil dort, im republikanischen Spanien, sagte Anny, für all das gekämpft wird, woran ich glaube. Weil die Zukunft aller, auch aller Frauen, sich dort entscheidet. Ein Sieg des Faschismus würde bedeuten, dass wir, für unabsehbare Zeit, Frauen und Mütter von Schlachtopfern sind und—".
Mitten in diesem Satze fiel mir die Feder aus der Hand. Ein Einschlag wie von tausend Blitzen erschütterte das Haus. Der Speisesaal des Hotels, zur Mittagszeit voll von spanischen Müttern mit ihren Kindern, alten Ehepaaren und ausländischen Journalisten, verschwand in einer schwarzen Wolke. Schrille Schreie, Kinderweinen, krachende Balken, splitterndes Glas... Betäubt denke ich: Bombe... Tod ..
Der Vorhang aus Rauch und Staub lichtet sich... Ich finde mich wieder, an die Wand gelehnt, die einzige heile Wand, das Heftchen, mit dem unvollendeten Satz von Anny Scaff, in der Hand. Ich lebe und die andern?
Am Boden, zwischen Schutt, zerbrochenen Tischen, zersplittertem Glas und blutigen Tischtüchern liegen sie. Ein Fünfzehnjähriger, mit aufgerissenem Leib, er stirbt. Ein kleines Mädchen mit geschlossenen Augen, das linke Ärmchen eine blutige Masse. Ein alter Mann mit einem Fuß, der zweite, in Schuh und Strumpf, liegt hinter ihm, neben einer Vase mit Mimosen, die unbeschädigt blieb.
Schon stürzen Ärzte herbei, vor dem Hause halten Ambulanzen. Carabineros klettern über die Trümmer, sie ballen die Fäuste beim Anblick der zerfetzten Toten. Und vor den leblosen Körperchen eines Kindes stürzen einem großen, kräftigen Jungen die Tränen aus den Augen. Zart nimmt er es in die Arme und trägt es hinaus.
Ich bahne mir den Weg durch Schutt und Blut. Im Flur des Hauses der riesige Krater der Bombe. Wasserstrahlen der zerstörten Wasserrohre spritzen hoch. Zwei Autos vor dem Tore in Flammen. Zwei Pferdekadaver quer über der Straße. Frauen umstehen das Haus, weinend, aber die Hände drohend erhoben. Tod und Tränen säen die Faschisten, aber auch unauslöschlichen Hass.
Die Abendblätter melden: «Faschistische Flieger über Valencia—325 Opfer!“
(Geschrieben von Gusti Jirku in Valencia am 26. Januar 1938) (Auszug aus „Wir kämpften mit! Antifaschistische Frauen vieler Nationen berichten aus Spanien“ von Gusti Jirku, Herausgegeben von Ayuda Medica Extranjera 1937,  S. 88-90)

Quelle: Informationen von Giny Klatser, Niederlande;
https://spanjestrijders.nl/bio;
Akten Archiv Moskau RGASPI;
Foto aus "Wir kämpften mit!" Antifaschistische Frauen vieler Nationen berichten aus Spanien“ von Gusti Jirku 1937
 

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