Giambone, Emilia - Italien
Sie
war Hilfsschwester im Hospital der Internationalen Brigaden in Benicàssim.
Emilia Giambone, eine italienische Antifaschistin, erzählt ihre Erlebnisse
in Spanien, die nicht nur ein Stück Lebensgeschichte, sind, sondern ein
Stücke Geschichte an sich:
„Am 5. Februar 1936 verließ ich Lyon, um nach Spanien zu fahren. Als
Italienerin, die viel unter dem Faschismus gelitten hat, wurde ich schon vor
vielen Jahren Antifaschistin und meine ersten Eindrücke auf spanischer Erde
bestärkten mich in der Überzeugung, dass alle Frauen der Welt vereint
kämpfen müssen, um die Menschheit zu retten.
Auf der Reise durch Spanien war ich die einzige Frau im Zug unter den
mobilisierten Kameraden, die zu ihren Bataillonen fuhren. In meine Ecke
gedrückt, hörte ich ihren Freiheitsliedern zu, die ich verstand, obwohl die
Sprache fremd war. Auf ihre Fragen konnte ich nur schwer antworten und doch
war sofort Kameradschaft und Sympathie zwischen uns und als ich ihnen
schließlich verständlich machte, dass ich Italienerin sei und dass mein Mann
im Bataillon Garibaldi kämpfe, riefen alle: Es lebe das Bataillon Garibaldi,
das uns allen zeigt, wie man kämpfen muss!
In Albacete sollte ich meinen Mann Wiedersehen, aber da er an der Front
kämpfte, konnte er seinen Posten nicht verlassen. In dieser Wartezeit begann
ich in den Hospitälern zu helfen. Und gleich in den ersten Tagen hörte ich
die Alarmsirene die faschistischen Flieger ankündigen. Ich erinnere mich,
dass ich gerade unterwegs, auf der Straße war. Über meinem Kopf das laute
Surren eines Caproni, ich sehe ihn ganz genau, ich sehe wie er die Bombe
abwirft, sie fällt schnurgerade auf mich zu. Ich werfe mich zu Boden. Im
gleichen Augenblick fühle ich mich wieder vom Boden emporgerissen. Völlig
betäubt finde ich mich an einer anderen Stelle wieder. Die Explosion hatte
mich durch die Luft geschleudert.
Als Rauch und Staub vergangen waren, blickte ich um mich und sah Tote und
Verwundete. Mit Mühe hielt ich das Weinen zurück. ich dachte an meinen Mann,
der täglich solches erlebt und das gab mir Mut. Ich habe dann die ganze
Nacht gearbeitet, um den Verwundeten zu helfen.
Vier Tage später kam mein Mann nach Albacete, er lobte meinen Mut und
versprach, dass ich zur Belohnung Madrid sehen dürfe. Mit seinen 43 Jahren
hatte er viele weiße Haare, aber im Kampf war er wie einer der Jüngsten und
damals sagte er mir diese Worte: „Unsere Frauen geben uns Kraft und Mut, sie
verstehen unseren Opferwillen, sie teilen ihn, das stärkt uns im Kampf!“
Im April fuhr ich tatsächlich nach Madrid. Ich arbeitete in einem Komitee
der antifaschistischen Frauen, wir nähten Wäsche für die Hospitäler, ich
zeigte ihnen wie die Produktion gesteigert wird. Wir nahmen keinen Lohn für
unsere Arbeit. Von Zeit zu Zeit während dieser drei Monate in Madrid, konnte
ich meinen Mann sehen und einmal durfte ich unsere Schützengraben in der
Universitätsstadt besuchen, dieser völlig zerstörten und heldenhaften Stadt,
die so viele Opfer gekostet hat. An Bomben und Granaten hatte ich mich schon
gewöhnt. Ich wohnte in der Nähe der Gran Via, dem am meisten heimgesuchten
Stadtteil von Madrid. Und als ich eines Tages von der Arbeit in meine
Wohnung zurückkehrte, fand ich mein Zimmer von einer Bombe zerstört. Ich
blieb trotzdem im gleichen Hause.
An einem dieser Tage rief mich die Kameradin Estella (Teresa Noce) zum
Telefon und sagte mir, dass mein Mann verwundet sei. Ich eilte zu ihr, um
näheres zu erfahren, um zu versuchen, ihn zu sehen und zu pflegen. Und jetzt
erfuhr ich, dass ich ihn niemals Wiedersehen würde. Ich habe viel geweint.
In seiner Kompanie trauerten die Kameraden um ihren Vater, denn so nannten
sie ihn. Viele von ihnen traf ich wenige Tage später in B. und sie halfen
mir meinen Schmerz ertragen und weiterzukämpfen.
Einen Monat später versammelten sich alle einstigen Freunde in der Gegend
von Lyon, wo wir früher gewohnt hatten, zu einer Gedächtnisfeier für meinen
Mann. Ich bekam die Erlaubnis hinzureisen. 2000 Personen waren zugegen. In
diesen Stunden wurde das ganze vergangene Leben meines Mannes wieder in uns
lebendig, der als einer der ersten nach Spanien gegangen war, um für die
Freiheit der Welt zu kämpfen.
Wie unzählige andere Frauen habe auch ich das Liebste verloren, aber wir
alle, Mütter und Gattinnen, dürfen unsere Toten nicht beweinen, wir müssen
stolz auf sie sein und die Fahne noch höher halten. Wir müssen den Toten
ersetzen und statt seiner kämpfen bis zum Siege!“
(Auszug aus „Wir kämpften mit! Antifaschistische Frauen vieler Nationen
berichten aus Spanien“ von Gusti Jirku, S. 67-69)
Quelle:
Information von Ana Perez - Asociacion de Amigos de las Brigades
Internationales Madrid;
„Wir
kämpften mit! Antifaschistische Frauen vieler Nationen berichten aus
Spanien“ von Gusti Jirku, S. 67-69
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