Gerhard, Georgine
Georgine Gerhard wurde am 18.08.1886 in Basel geboren, beendete ihre Schul- und Ausbildungsjahre mit dem Lehrerinnenexamen und betätigte sich aktiv in der Flüchtlingskinderhilfe und in frauenpolitischen Menschenrechtsorganisationen.
Sie arbeitete im Schweizerischen Hilfswerk für Emigrantenkinder (SHEK) und setzte sich für die Einreise jüdischer Flüchtlingskinder aus Frankreich ein. Sie führte im Namen des SHEK-Vorstands die Verhandlungen mit Behörden und Politikern und stand in Kontakt mit Vertreterinnen und Vertretern internationaler Flüchtlingshilfsorganisationen. Sie vertrat das SHEK nach dessen Beitritt zur Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Spanienkinder (SAS) in der „Basler Arbeitsgemeinschaft für die spanische Zivilbevölkerung“.
Aus politischen Gründen sprach sie sich gegen die Einreise spanischer Flüchtlingskinder in die Schweiz aus. Später erkannte sie, dass das ein Fehler gewesen war und für die Flüchtlingskinder aus Spanien mehr hätte getan werden müssen. Die Hilfe des SHEK an die Spanienhilfe beruhte nur auf finanzieller Hilfe.
Das SHEK zog sich nach der Besetzung Nordfrankreichs auch aus Frankreich zurück, weil Frankreich zu einem „politischem Arbeitsgebiet“ geworden war und nach der Ansicht des SHEK die Neutralität der Schweiz bewahrt werden musste. Das SHEK arbeitete nur noch auf dem Gebiet der Schweiz.
So musste sie alle ihre Kontakte in das Ausland abbrechen, was ihr bestimmt sehr schwergefallen ist. Ihr größter Erfolg war die 1938 auf ihren Antrag hin erfolgte Einreise von 300 jüdischen Flüchtlingen aus dem faschistischen Deutschland. Dies war in der Geschichte der Schweizer Flüchtlingspolitik ein einmaliger Erfolg. Kritisch äußerte sie sich gegenüber der Leitung des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), die ab 1942 die Organisation der gesamten Flüchtlingskinderhilfe übernommen hatte. Sie verurteilte die von der SRK- Leitung mitgetragenen antisemitischen Maßnahmen der Fremdenpolizei und setzte sich innerhalb des SHEK, zusammen mit jüdischen Organisationen, für die „illegale“ Rettung jüdischer Flüchtlingskinder aus Frankreich ein.
Im Jahr 1952 gehörte sie zu den Mitgründern des Kinderdorfes Kirjath Jearim in Israel.  Zu ihrem 80. Geburtstag erhielt sie von der Leitung des Kinderdorfes eine Ehrenurkunde, weil sie zur Rettung und Betreuung von jüdischen Kindern beigetragen hatte. Sie setzte sich ein Leben lang für mehr Gerechtigkeit und Menschenwürde ein.   Georgine Gerhard starb 1977.


Quellen: Helena Kanyar Becker: Vergessene Frauen - Schwabe Verlag Basel 2010;
Georgine Gerhard – Wikipedia;
Gerhard, Georgine - Historisches Lexikon der Schweiz

 
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