Bier,
Elisabeth – Deutschland
Sie wurde am 30. Oktober 1888 in Wallstadt geboren und fand ihren Weg
über die Rote Hilfe und die Internationale Arbeiterhilfe zur
Kommunistischen Partei Deutschlands. Durch Emigration nach Frankreich
entging die im Saarland bekannte Arbeiterfunktionärin 1935 nur knapp einer
Verhaftung.
Im September 1936 gelangte sie auf dem Seeweg nach Valencia in das
republikanische Spanien. Elisabeth arbeitete zunächst als Krankenschwester
und wurde später Verwaltungsleiterin in Benicàssim. Dort lernte sie
ihren späteren Lebensgefährten Max Obermeier kennen, der wie sie im
Sanitätsdienst tätig war. Im Dezember 1937 arbeitete sie in Barcelona.
Über ihre Erfahrungen berichtet sie: „Das Hilfslazarett muss schnell
eingerichtet sein. Eile ist geboten, denn immer deutlicher dringt das
Rollen von den Abschüssen und den Einschlägen der Granaten aus schweren
Geschützen bis hierher.
Unser Auftrag lautet, verwundeten Kameraden, die auf dem Verbandsplatz
hinter den Linien versorgt wurden, weitere Hilfe zu leisten. Nach vielen
durchwachten Nächten möchte ich ein paar Minuten ausruhen. Todmüde setze
ich mich auf eine der Bänke neben der Haustür. Die Augen fallen mir zu,
ich muss sofort eingeschlafen sein.
Plötzlich schreckte ich auf. Tosendes Krachen und Dröhnen, berstendes
Gestein und Wolken von Staub in unmittelbarer Nähe dringen auf mich ein.
Der Geschützlärm hatte mich wohl das Herannahen der feindlichen Flugzeuge
überhören lassen. Außerdem waren wir es ja gewöhnt, dass die
faschistischen Legionäre über uns hinwegflogen, ihre Ziele in und um
Madrid suchten. Deshalb hatte mich auch keine meiner Kameradinnen
wachgerüttelt. Waren dort die Faschisten diesmal ihre Bomben nicht
losgeworden? Hatten sie vor den sowjetischen Jagdfliegern die Flucht
ergriffen? Feige klinkten sie ihre Todeslast über diesem kleinen
spanischen Dorf aus. Bomben krepierten auf den Straßen, in Höfen, in
Gärten und auf den umliegenden Äckern…
Mit angstverzerrten Gesichtern stürzten Frauen, Kinder und Greise aus den
Häusern. Eine Mutter mit ihrem kleinen blutüberströmten Jungen in den
Armen schrie: ‚Oh, estos Banditos!‘ (Oh, diese Banditen!) Der Kleine
wimmerte, Zahlreiche Bombensplitter hatten ihn verletzt.
Ich musste seine ärmliche Kleidung aufschneiden. Zum Glück saßen die
Splitter nicht
tief in seinem schmächtigen Körper. Ich hüllte ihn in eine wärmende Decke
ein… Einem jungen Mädchen war der Unterarm abgerissen. Bewusstlos lag es
da. Unsere Ärzte bemühten sich, das Blut zu stillen. Sie wird überleben,
doch für alle Zukunft gezeichnet sein, dachte ich… Das Bild des
faschistischen Terrors, der Mord an unschuldigen Menschen, die
Grausamkeiten der ‚Banditos‘, die doch einst deutsche Mütter unter dem
Herzen getragen und geboren hatten, bleiben unauslöschlich in meinem
Gedächtnis.“
Im Juli 1938 ging sie zurück nach Frankreich, wurde im Lager Gurs am
Nordrand der Pyrenäen interniert. Ab 1942 kämpfte sie in der Résistance und
ab 1943 gehörte sie dem CALPO an (Comité ‚Allemagne libre‘ pour l’Ouest,
d.h. Komitee ’Freies Deutschland‘ für den Westen).
1945 kehrte Elisabeth Bier nach Deutschland zurück. Sie setzte sich in der
Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der DDR für die Erziehung der Jugend
ein. In Weimar wurde sie Anfang der fünfziger Jahre Leiterin des
Pionierlagers „Fasanerie“.
Später arbeitete sie als Chefköchin einer Parteischule und dann als
Wirtschaftsleiterin im SED-Erholungsheim Graal/Müritz. Ihr Lebensgefährte
Max Obermeier war Leiter des Erholungsheims.
Am 14. Dezember 1957 starb Elisabeth Bier in Weimar.
Quellen: Werner Abel&Enrico Hilbert "Sie werden nicht durchkommen“ - Bd.
1 Verlag Edition AV 2015;
DRAFT - Gegen Hitler. Deutsche in der Résistance, in den Streitkräften der
Antihitlerkoalition und der Bewegung »Freies Deutschland«;
„Spanienkämpfer“ – Lebensbilder und Erlebnisberichte des Bezirkes Erfurt S.
18-20 und Foto;
http://sidbrint.ub.edu/en/node/27600 Foto links
Werner Abel&Enrico Hilbert "Sie werden nicht durchkommen“ - Bd. 2 Verlag
Edition AV 2016, S. 108 - Foto rechts;