Beaumanoir, Anne – Frankreich
Anne wurde am 30. Oktober 1923 in Saint-Cast-le-Guildo, einem kleinen Ort
in der Bretagne, geboren. Ihre Eltern waren sozialistisch orientiert und
in der Jugendherbergsbewegung aktiv.
Nach dem Spanischen Krieg engagierte sie sich mit ihrer Mutter in einem
Solidaritätskomitee zur Unterstützung der vor den Franco-Faschisten nach
Frankreich geflohenen Spaniern.
Nach der Schule zieht Anne nach Paris, um dort Medizin zu studieren. 1942
wurde sie Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF) und
schloss sich dem Widerstand an. Immer wieder wird ihr gesagt, dass sie
keine Einzelaktionen machen soll, nichts unternehmen, was die Aktionen des
Widerstands gefährden könnte.
Anne hält sich aber nicht daran, immer wieder ist ihr wichtiger, was ihr
Herz sagt.
Nachdem sie von einer bevorstehenden Razzia der Gestapo erfährt, warnt sie
auch eine jüdische Familie in ihrem Versteck. Sie wollen der fremden
jungen Frau nicht glauben, geben ihr dann aber doch die beiden jüngsten
Kinder mit.
„Wer sagte ihr denn, dass diese Nachricht vorhin von der bestehenden
Razzia stimmte? Wer, dass die beiden Kinder in dem Versteck nicht sicher
waren (...)? Was, wenn sie ihrer überstürzten Hilfsbereitschaft wegen
festgenommen würden und zu Tode kämen.“
Sie bringt Simone und Daniel zu ihren Eltern in die Bretagne, die sie
aufnehmen und verstecken. Für diese Rettung haben Anne Beaumanoir und ihre
Eltern die Auszeichnung „Gerechte unter den Völkern“ der Gedenkstätte Yad
Vashem in Israel verliehen bekommen.
Im Untergrund lernte sie den Kommunisten Rainer Jurestal kennen, der die
große Liebe ihres Lebens wird. Er organisierte für die KPF Wohnungen, die
als Unterschlupf genutzt wurden. Für die Partei sind Liebesbeziehungen
zwischen Menschen, die in der Illegalität leben und arbeiten, gefährlich.
Sie schicken die beiden an verschiedene Orte. Im Sommer 1944 wird Rainer
Jurestal in einem Versteck, zusammen mit anderen Mitgliedern der
Resistance verhaftet. Er kann zwar mit zwei anderen fliehen, sie werden
aber von einem Hirten erkannt und von ihm und seinem Sohn zu Tode
geprügelt.
Die Befreiung vom deutschen Faschismus erlebt Anne in Marseille. Am 28.
August war sie gerademal 21 Jahre alt. Sie wird vom Jugenddachverband der
Resistance als Vertreterin in ein Komitee gewählt, das die Region
Bouches-du- Rhône von Nazis und Kollaborateuren säubern soll. Sie nimmt
ihr Studium wieder auf.
Politisch bleibt sie der kommunistischen Partei verbunden, beruflich
machte sie als Ärztin Karriere. Sie wurde Neurologin und zur Professorin
ernannt. Durch ihre politische Aktivität lernte sie Jo Roger kennen und
lieben. Unter dem Namen Annette Roger machte sie sich in Frankreich als
Ärztin und Wissenschaftlerin einen Namen.
1955 kam es zum Bruch mit der KPF. Anne Beaumanoir und ihr Mann konnten
die Position der Partei zum algerischen Befreiungskampf nicht teile. Sie
hatte in Marseille Kontakt zu Arbeiterpriester, durch die sie algerische
Menschen in Marseille kennenlernte.
Sie übernimmt kleinere Aufgaben für Algerier in Frankreich, die den
Widerstand in Algerien unterstützen. Weil es ihr mit der Zeit nicht
genügt, Resolutionen zu unterschreiben, nimmt sie Kontakt zur Nationalen
Befreiungsfront (FLN) auf. Sie organisiert für die FLN Unterkünfte.
Im November 1959 wird sie verhaftet.
Sie kann nach Tunesien fliehen. Mit ihrem Mann macht sie aus, dass er nach
einiger Zeit mit den beiden Söhnen nachkommt. Durch die Vermittlung von
Frantz Fanon bekommt sie Kontakt zur neuen algerischen Regierung im Exil
und übernimmt später im Gesundheitsministerium die Aufgabe, ein
solidarisches Gesundheitssystem aufzubauen.
Nach dem Putsch des Militärs in Algerien muss sie wieder fliehen und geht
in die Schweiz. In Genf leitete sie bis zu ihrer Pensionierung die
Abteilung Neurophysiologie einer Klinik.
Quelle: antifa März/April 2021 S. 29 und Foto– Rezension (Auszug)
von Janka Kluge zum Buch „Anette, Ein Heldenepos“ von Anne Weber